Nicht jedes Kind und nicht jeder Jugendliche hat das Glück, in einer Familie wohlbehütet und geborgen aufzuwachsen. Welche Gründe es schlussendlich dann immer sind, oft kommt es auch dazu, dass einige nicht in der eigenen Familie bleiben können und bis zur Volljährigkeit entweder in Wohngemeinschaften, Pflegefamilien oder Heimen betreut werden. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit endet allerdings für diese jungen Erwachsenen, den sogenannten Care Leavern, dieser Anspruch und sie müssen die Betreuung verlassen und ausziehen. Allerdings gestaltet sich für die diese jungen Menschen der Übergang in ein eigenständiges Leben nicht immer reibungslos und oftmals sehr schwierig. Denn im Gegensatz zu Kindern, die in ihren Herkunftsfamilien aufgewachsen sind, verfügen die Care Leaver kaum über stabile private Netzwerke und ausreichend materielle Möglichkeiten, um den Übergang in ein selbstständiges Leben ohne Schwierigkeiten zu meistern. Die Care Leaver können sich danach auch nicht wie in der Familie aufgewachsene junge Erwachsene auf Rat und Unterstützung ihrer Familie verlassen. Sie sind mit den großen Herausforderungen des Erwachsenwerdens auf sich allein gestellt und haben per Gesetz keine Möglichkeit, zu jenem Ort, an dem sie aufgewachsen sind, zurückkehren. Für Liste Fritz-Parteiobfrau und Sozialsprecherin Andrea Haselwanter-Schneider gehört das geändert, zumal der Anspruch auf Betreuung und Unterbringung nach Beginn der Volljährigkeit von einem auf den anderen Tag endet und die jungen Menschen vor große Herausforderungen stellt. „Alleine in Tirol sind rund 850 Tiroler Jugendliche laut Statistik Austria betroffen. Dass diese dann plötzlich gezwungen sind, auf ihren eigenen Beinen zu stehen, ist für mich nicht zumutbar und stellt die betroffenen jungen Menschen meist vor eine schier unlösbare Aufgabe!“, weiß Haselwanter-Schneider, die deshalb einen generellen Rechtsanspruch auf Betreuung und Unterstützung bis mindestens zum 21. Lebensjahr fordert.

Kein einheitliches Kinder- und Jugendhilfegesetz in Österreich

In Österreich existieren lediglich vereinbarte Mindeststandards. In diesen ist eine Erziehungshilfe bis zum 18. Lebensjahr sowie eine Anschlusshilfe bis zum 21. Lebensjahr zwar festgeschrieben, diese muss jedoch extra angefordert werden und bedarf einer Genehmigung, die nicht immer erfolgt. Zudem muss eine Anschlusshilfe auch jährlich beantragt werden. Für Haselwanter-Schneider nicht nachvollziehbar. „Wenn diese Anschlusshilfe nicht genehmigt wird, dann fallen mit der Volljährigkeit sämtliche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe weg und die jungen Erwachsenen wissen nicht, wohin und an wen sie sich wenden sollen“, weiß Haselwanter-Schneider von Fällen, die entweder in einer Einrichtung für wohnungslose Menschen Obdach finden oder gar auf der Straße landen. „Für viele würde dann eine Abwärtsspirale beginnen! Das ist ein schlechter Start ins Erwachsenenleben. Besser ist es, in die jungen Menschen zu investieren, denn dann steigen auch ihre Chancen auf ein gutes Leben!“ Auch internationale Studien belegen, dass die im Zuge der Betreuung erreichten Erfolge damit nicht nachhaltig gesichert sind. So ist das Risiko nach wie vor hoch, dass junge Menschen nach Beendigung von Fremdunterbringungen in prekären Lebensverhältnissen leben und leicht in die nächsten Sozialsysteme, Wohnungslosigkeit, Abhängigkeitserkrankungen oder Arbeitslosigkeit abrutschen können.

 

Tirol bietet individuelle Beratungsleistung bis zum 24. Lebensjahr

Diese können Care Leaver bei Einrichtungen der Kinder und Jugendhilfe in Anspruch nehmen. Und das Land Tirol hat diese Finanzmittel für das Jahr 2024 auch um 17% auf 200.000 Euro erhöht. „Ein richtiger und wichtiger Schritt, wenn man bedenkt, dass allein im Jahr 2023 rund 1.200 Betreuungsstunden für Care Leaver geleistet worden sind“, so Haselwanter-Schneider, für die Übergangsbetreuung in ein selbstständiges Leben ein ganz wichtiges Element ist.