Der schwarz-rote Postenschacher rund um die Bestellung des ehemaligen Landesrates Johannes Tratter zum künftigen technischen Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol ist für Andrea Haselwanter-Schneider ein Schlag ins Gesicht jener, die sich einen neuen politischen Stil in Tirol erhofft hatten. Auch der Versuch der ÖVP, Tratters Bewerbung im Rahmen der mündlichen Anfragen im Tiroler Landtag zu begründen, ist für Haselwanter-Schneider mehr als zweifelhaft. “Das ist für mich genauso unverschämt wie der Erklärungsversuch, Tratter war unter allen Bewerber:innen weitaus der Beste. Einfach zu behaupten, dass auch jemand, der aus der Politik kommt, ebenso Chancen auf einen neuen Job haben muss wie vorher nicht in der Politik Tätige, ist bei Tratter nichtzutreffend und soll vom eigentlichen Umstand des Postenschachers ablenken. Denn Tratter hat bereits Top-Jobs. Er ist Landtagsabgeordneter und immer noch Beamter. Zudem hat er jederzeit auch die Möglichkeit, sich bei jedem anderen privaten Unternehmen zu bewerben”, so Haselwanter-Schneider, für die es deshalb höchst an der Zeit ist, eine klare Regelung für Mitglieder der Landesregierung nach dem Ausscheiden aus ihren politischen Ämtern zu finden.
Sint: Cooling-off-Phase schließt Postenschacher aus
„Wir haben bereits im Märzlandtag einen Antrag eingebracht, der sich für eine sogenannte Cooling-Off-Phase von einem Jahr für ehemalige Mitglieder der Landesregierung ausspricht. In dieser Phase bzw. in diesem Zeitraum soll es den betroffenen Personen dann nicht möglich sein, zum einen Leitungs- und Aufsichtsfunktionen in landeseigenen oder landesnahen Unternehmen zu bekleiden sowie zum anderen Tätigkeiten für Unternehmen auszuführen, mit denen die betroffene Person als Mitglied der Landesregierung in einer Geschäftsbeziehung stand“, so Sint, der damit ausschließen will, dass wie bei der Postenbesetzung der technischen Leitung in der Neuen Heimat damit argumentiert wird, dass jemand aufgrund der Ausübung seines Amtes als Landesrat für Raumordnung und Wohnbau fachlich bestens geeignet sei. „Auf diesem Weg könnte grundsätzlich sichergestellt werden, dass mit der über das öffentliche Amt anvertrauten Entscheidungsmacht auch entsprechend sensibel verfahren wird“, so Sint, der überzeugt ist, dass Cooling-off-Phasen auch die ehemaligen Regierungsmitglieder selbst vor einer Anscheinproblematik schützen. Fragen wie „Warum wechselt diese Person direkt nach dem Ausscheiden aus der Regierung in dieses oder jenes Unternehmen?“, „Gab es Absprachen?“, Gab es Gegenleistungen?“, Gab es entsprechende Politik für das Unternehmen oder den Wirtschaftszweig schon vorab?“ würden sich somit schon gar nicht stellen.
Cooling-off-Phasen beugen Interessenskonflikten vor
Für Sint ist die grundsätzliche Idee einfach. Je länger der Zeitraum zwischen den beiden Jobs ist, desto geringer wird auch der Interessenkonflikt. Über die Zeit sinkt der Kontakt zu den früheren Angestellten, es kommt zu Veränderungen, Neubesetzungen und neuen Loyalitäten. „Laut Transparency International sinke die Fähigkeit eines ehemaligen Regierungsmitglieds, den Entscheidungsprozess im Sinne des neuen Arbeitgebers zu beeinflussen, signifikant. „Natürlich ist es auch notwendig, die Cooling-Off-Phasen auch durchzusetzen. Diese Regelungen funktionieren allerdings nur, wenn es auch Sanktionen gibt. Helfen könnten hier auch Monitoring-Systeme, die ehemalige Regierungsmitglieder während der Cooling-off-Phase verpflichten, ihre Tätigkeiten zu melden. Nur so kann man auch in Zukunft damit rechnen, dass sich bei ähnlichen Stellenausschreibungen ausreichend Bewerber finden, die sich endlich wieder berechtigte Chancen ausrechnen dürfen“. In Norwegen ist das bereits Gang und Gebe. Dort gibt eine eigene Kommission öffentliche Stellungnahmen zu Jobangeboten für ehemalige Regierungsmitglieder bereits ab. Bei Verstößen gegen die Regelunge kann es entweder Geldstrafen für das ehemalige Regierungsmitglied oder für den neuen Arbeitgeber geben. Nur so ist es möglich, schwarz-rotem Postenschacher wie im Fall Johannes Tratter einen Riegel vorzuschieben.