Auch bei Pflegeenquete – viele Ankündigungen, wenig Konkretes!

Gestern habe ich an der ganztägigen Tiroler Pflegeenquete des Landes Tirol teilgenommen, bei der die wichtigsten handelnden Personen in der Pflege und Pflegepolitik zusammenkommen, um über neue Erkenntnisse zu diskutieren. Kaum ein Thema steht momentan in Land und Bund so im Mittelpunkt, wie die Pflege. Wie ihr wisst, war ich in den vergangenen Wochen und Monaten mit vielen Pflegepersonen dran, gegen das ungerechte neue Gehaltssystem anzukämpfen und wir haben auch aufgezeigt, dass es neben einer fairen Entlohnung eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung für die Pflegepersonen braucht. Wir alle gemeinsam haben Druck gemacht, dass die Pflegenden endlich gehört werden und spürbar verbesserte Rahmenbedingungen bekommen. Nach und nach hat der zuständige Landesrat Tilg seine Entscheidungen zurücknehmen und Zugeständnisse an die Pflegepersonen machen müssen. Leider liegen viele seiner Ankündigungen bis zum heutigen Tag nicht in schriftlicher Form vor. Leider ist auch im Rahmen der gestrigen Pflegeenquete vieles „nur“ angekündigt worden.

Lobeshymnen statt ehrlichem Einsatz!

Ich habe zwar schon bei Erhalt und Durchsicht der Einladung geahnt, dass ich nicht sehr viele neue Erkenntnisse mit nach Hause nehmen werde, einige Aussagen habe ich dann aber doch erst „verdauen“ müssen. Bei einer Pflegeenquete stelle ich mir vor, dass Betroffene zu Wort kommen, dass ihnen ausreichend Raum für ihre Anliegen, Sorgen, Ängste, Probleme eingeräumt wird. Stattdessen erzählen sich Politiker gegenseitig, wie toll sie sind, wie gut doch eigentlich das neue Gehaltssystem gelungen ist und dass eigentlich eh nur die Tirol Kliniken Schuld daran haben, dass das Modell in den Heimen jetzt nicht so funktioniert wie man es sich vorgestellt hat. Diese bösen Tirol Kliniken haben es sich doch erlaubt eine Betriebsvereinbarung abzuschließen und den Bediensteten Zulagen zu bezahlen, die das Land abschaffen wollte. Gleichen Lohn für gleiche Arbeit wird es also auch weiterhin nicht geben. Schon bei der Begrüßung hat sich der für die Gemeinden zuständige Landesrat Tratter für Besonnenheit und ruhige Diskussionen ausgesprochen, Scharfmacher würden nur Unfrieden stiften. Und überhaupt werde er das Gehaltssystem nicht gänzlich aufschnüren. Es ist bei einer Pflegeenquete ja ganz interessant zu hören, wie die demografische Entwicklung in Tirol sein wird und wie sich die Ausbildungszahlen entwickeln. Aber ob ein überlanges Referat von Juristinnen und Juristen der Landesverwaltung und eines Unternehmensberaters zur Entstehung des Gehaltssystems oder ein „Führungsseminar“ notwendig sind, wo doch jede Menge Führungspersonen im Raum waren, muss ich schon arg in Zweifel stellen.

Wortmeldungen aus dem Publikum waren nicht gerne gesehen!

Alle Verantwortlichen und Bediensteten draußen in den Heimen leisten jeden Tag großartige Arbeit und da wäre es den Landesräten auch einmal gut angestanden, sich bei allen zu bedanken, die sich 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag um alte und pflegebedürftige Menschen kümmern. Nachdem sich alle selber beweihräuchert haben, hat es nur ganz wenige Wortmeldungen aus dem Publikum gegeben, weil die Zeit angeblich zu knapp war. Ich wollte selber einen Beitrag leisten, habe aufgezeigt, aber kritische Stimmen – oder die eingangs erwähnten „Scharfmacher“ – waren nicht erwünscht. Man war extrem bemüht, die Pflege in der Öffentlichkeit in ein gutes Licht zu stellen, denn es sei gefährlich, wenn medial immer berichtet würde, dass die Wertschätzung fehlt. Und der Gipfel war, dass der vortragende Herr Unternehmensberater gemeint hat, wie gut doch Pflegepersonen verdienen würden, wenn man sie mit dem Einzelhandel vergleicht. Diese Herrschaften sollen einmal ein paar Tage ein Pflegepraktikum machen, ich bin überzeugt, dass sie es nicht einmal ein paar Stunden schaffen würden!

Unser Kampf geht weiter!

Wir werden uns also weiterhin wehren müssen und um unsere Rechte kämpfen müssen. Ich habe bei der Enquete mit vielen Pflegenden gesprochen, die auch bereit sind zu demonstrieren, weil sie genug haben!

Andrea Haselwanter-Schneider