“Die Betroffenen waren unschuldige, wehrlose und schutzlose Kinder und Jugendliche, die ein Martyrium durchleiden mussten! Das Land Tirol hatte damals die Fürsorgepflicht über sie und hat daher auch heute Verantwortung zu übernehmen. Es geht um eine Frage der Gerechtigkeit, des sozialen Gespürs und der Wertschätzung gegenüber den Betroffenen!”, stellt Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint klar.
Opfer plagen heute noch Alpträume
Einige tausend Kinder schauen auf ihre Unterbringung in der psychiatrischen Kinderbeobachtungsstation der Maria Nowak-Vogl mit Schauder, Schrecken und Abscheu zurück. Eines dieser Opfer war Christian Herbst, den heute noch Alpträume plagen. Für ihn waren diese 85 Tage Aufenthalt ein Martyrium. “Züchtigungen, sexuelle Übergriffe, psychische Erniedrigungen standen an der Tagesordnung. Seitens der Aufsichtsorgane wurden wir als abartige Kreaturen betrachtet und auch so bezeichnet, die bei Bedarf auch mit Psychopharmaka ruhiggestellt wurden. Erst später erfuhr ich, dass wir auch Opfer medizinsicher Versuche geworden sind, indem uns das Hormonmittel Epiphysan gespritzt wurde, das normalerweise in der Veterinärmedizin angewandt wird”, so Christian Herbst, der seit dieser Zeit unter den Nachwirkungen dieser 85 Tage in der Kinderbeobachtungsstation leidet. “Immer noch habe ich Alpträume, wache oft schweißgebadet auf. Diese schlimmen Erlebnisse haben sich unlöschbar in mir eingebrannt, gehören leider zu meinem Leben”.
Ungerechtigkeiten bei bisherigen Entschädigungszahlungen
Was Christian Herbst verärgert, ist der Umgang der Landesregierung mit den Opfern der Kinderbeobachtungsstation. “Ich habe mich an die damals zuständigen Grünen-Landesrätinnen Christine Baur und Gabi Fischer sowie an Landeshauptmann Platter gewandt, weil es im Rahmen der Entschädigungszahlungen zu Ungerechtigkeiten gekommen ist. Leider bin ich immer abgeblitzt!”, so Christian Herbst, der sich auch von der amtierenden SPÖ-Landesrätin Pawlata unverstanden fühlt. “Zwar hat es auf Initiative von Markus Sint ein persönliches Gespräch mit ihr gegeben, es war aber unbefriedigend. Es wurde mir mitgeteilt, dass ich ja klagen könnte, wenn ich mit meiner Entschädigungszahlung von 1.000 Euro nicht zufrieden sei”, ist Herbst von Pawlata enttäuscht. “Mir geht es um Fairness und Gerechtigkeit!”.
Mindestsatz von 15.000 Euro festlegen
Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint sieht Handlungsbedarf bei der Landesregierung. “Es darf nicht sein, dass Christian für sein 85-Tage-Martyrium 1.000 Euro Entschädigung erhält, ein anderer Betroffener, der sogar 3 Tage weniger lang dort war, aber 15.000 Euro bekommt”, so Sint. Im Landesarchiv sind die Krankengeschichten von 3.654 Betroffenen archiviert, 250 Betroffene hat das Land bisher entschädigt. Die Entschädigungssummen reichen dabei von 500 Euro bis – in einem einzigen Fall – zu 25.000 Euro. “Dass eine Entschädigungskommission die Höhe nach Dauer des Aufenthaltes, Schwere und Folgen des Martyriums festsetzt, unterstütze ich grundsätzlich. Aber die Landesregierung muss klare Vorgaben machen, was die Untergrenze der Entschädigungszahlungen betrifft. Wir als Liste Fritz schlagen vor, alle Nowak-Vogl Opfer mit einem Mindestsatz von 15.000 Euro gleich und gerecht zu entschädigen. Wenn es die Kommission für angemessen erachtet, mehr zu bezahlen, ist das im Einzelfall auch in Ordnung. Aber eben nicht weniger. Das schmälert auch den Handlungsspielraum der Entschädigungskommission nicht. Das Leid der Kinder ist nicht mehr ungeschehen zu machen, aber Gerechtigkeit für die Opfer und ein Zeichen der Wertschätzung muss die Landesregierung sicherstellen”, ist Markus Sint überzeugt.
Liste Fritz bringt Antrag in Mai-Landtag
“Wir bringen im Mai-Landtag einen Antrag ein, der diesen Mindestsatz von 15.000 Euro für die Entschädigungskommission vorgibt. Diese 15.000 Euro stellen im Vergleich zu Entschädigungen durch die ‘Klasnic-Kommission’, der Opferschutzkommission für Betroffene von sexuellem Missbrauch durch die katholische Kirche, einen Mittelwert dar. Wir reden hier nicht von astronomischen Summen, denn es geht um rund 300 betroffene Personen”, so Klubobmann Sint.